Das Buch ist tot, es lebe das Buch!

Einige Jahre lang hat man den Fortschritt der digitalen Bücher einfach wegdiskutiert. Wobei wegdiskutiert vielleicht gar nicht das richtige Wort ist, totgeschwiegen passt vermutlich besser. Die Leserinnen und Leser interessieren sich noch nicht für E-Books, also werden sie es auch zukünftig nicht tun. Und vielleicht bestand die Hoffnung, dass irgendjemand einfach wieder den digitalen Netzstecker zieht …
Verlage waren sehr zögerlich, wenn es darum ging, parallel zum gedruckten Buch auch das E-Book anzubieten, nach Möglichkeiten der Vermarktung zu suchen und eine offene Preisdiskussion zuzulassen. In dieser Zeit konnten sich Amazon, Google und Apple in aller Ruhe am Markt in Stellung bringen…und niemand zog den Stecker.

Jetzt ist es 5 vor 12, aber gefühlt eigentlich schon später. Das alles beherrschende Thema auf der Frankfurter Buchmesse 2011 waren diesmal tatsächlich Umbruch und Wandel in der Buch- und Verlagswelt, Angebote von E-Books und Online Vermarktung. Eine Studie der GfK, die die Nutzungsgewohnheiten der E-Book Käufer untersucht hat, zeigt, dass sich unter den Leserinnen und Lesern das digitale Buch immer mehr durchsetzt. Der durchschnittliche E-Book Leser kauft pro Halbjahr 4,7 E-Books. Kein Wunder also, dass die Branche jetzt schleunigst hinter Ihren Kunden her muss. Gelesen wird nicht nur auf dem E-Book Reader, sondern auf dem Smartphone oder dem iPad, das zum Vorjahr in dieser Hinsicht deutlich zugelegt hat.
Als großer Fortschritt für den Buchhandel dürfte die Ankündigung< der Börsenverein Verbandstochter MVB angesehen werden, dem Buchhandel zum Ende des Jahres ein E-Commerce Paket zur Verfügung zu stellen, samt eigenem Web-Shop. Diesen können Buchhandlungen ein wenig individuell gestalten und hierrüber den Online Vertrieb von Print und digital vorantreiben. Mit dem Trekstor Liro Color soll es sogar einen eigenen E-Reader geben. Es bleibt zu hoffen, dass dieser zur Markteinführung auch noch einen hübschen und prägnanten Namen erhält. Der große Wurf ist dies sicherlich nicht, aber zumindest gibt es kleineren Buchhandlungen, denen hier das Know-How, die Zeit und auch der finanzielle Hintergrund fehlen, die Möglichkeit sich am Online Geschäft überhaupt zu beteiligen. Das wird den Buchhandel insgesamt gegen die großen Online Anbieter zumindest stärken.
Dass allerdings eine wichtige Sparte des Handels, nämlich der Zwischenbuchhandel, an der Vermarktung von E-Books auf diese Weise komplett ausgeschlossen wird, ist sicherlich keine gute Lösung. Und es zeigt, es ist keine gemeinsame Lösung der Buchbranche, kein Ergebnis eines klug geführten Dialogs, der das Ziel hat, sich für die Zukunft kompetent am Markt aufzustellen.
Meiner Meinung nach fehlt ein umfangreiches Konzept, wie die Buchbranche selbstbewusst die Kernkompetenz Buch wieder an sich bindet. Wie die Technik der Zukunft eingebunden werden kann, in die Strategie, Bücher weiterhin mit Erfahrung, Fachwissen und Emotionen zu verkaufen. Klar ist, die Technik muss beherrscht und angeboten werden, und gleichzeitig muss der Mehrwert des gedruckten Buches wieder in den Fokus gerückt werden.
Wie wird ein Jahrhundertealtes E-Book aussehen und riechen? Wer „das Buch der Chroniken und Geschichten“, wie oben abgebildet, gesehen und gerochen hat, wird sich zwangsläufig diese Frage stellen.

Vielleicht müssen wir das „Alte“ mit dem „Neuen“ kreativ verbinden, und vielleicht hatte es Shakespeare schon geahnt. Visionen!

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